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GENDERN in KMUs.
Echt jetzt?

Geht's noch? Wir haben andere Probleme als unsere Sprache zu verunstalten.

Oder auch à la Gendern ist linksradikales Gedöns, das uns unsere Identität nimmt! 

Sie kennen solche Reaktionen. Sie sind alltäglich. Wenig emotionalisiert und bringt die Menschen so in Rage, wie dieses Thema. 

Auch in vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) ist Geschlechtergerechtigkeit noch nicht angekommen. Leider. Manche lehnen eine faire Sprache strikt ab, andere haben es - vielleicht aus Unkenntnis - bisher noch gar nicht in Erwägung gezogen. Dabei gibt es so viele Vorteile.

 

Und Sprache bildet die Wirklichkeit ab! Um einen Irrtum aufzuklären: Der Dudenverlag schreibt uns nicht die zu verwendende Sprache vor, sondern filtert sie aus einer umfassenden Text- Sammlung: Die entsprechend häufig (z. B. Infektionskette) benutzt werden, kommen in den Duden; die veralteten, weil nicht mehr benutzt werden (z. B. Fernsprechanschluss), fliegen heraus. Somit umfasst der Duden die Wörter, die von uns gegenwärtig gebraucht, gesprochen und geschrieben werden. Darum erlebt der Duden alle paar Jahre eine moderne Anpassung (Neuauflage).

Was viele Entscheider_innen in KMUs auch außer Acht lassen oder vergessen: Sprache hat Macht. Sie zeigt Wirkung. Sie verletzt und diskriminiert. Sie schließt aus.

 

Das trifft nicht nur Personen aus verschiedenen Ländern oder kulturellen Kreisen - fragen Sie mal behinderte Menschen, Frauen oder auch Ältere! Sie werden systematisch benachteiligt - oftmals von uns allen, ich schließe mich dabei nicht aus. Denn es geschieht oft unbewusst durch Vorurteile und Stereotype, mit denen wir sozialisiert wurden (unconscious bias). 

 

Daher ist nicht nur eine gendergerechte Sprache fair, sondern eine, die inklusiv ist. Bei der sich alle Personenkreise eingeschlossen fühlen. 

Warum so wenige Frauen in Führungspositionen arbeiten? Ein Grund dafür liegt in der Sprache von Stellenanzeigen und Profilen.

Konkretes Beispiel für geschlechtsspezifische Sprachcodes in Stellenanzeigen:

Die Studie von Gaucher, Friesen und Kay zeigte:
 

  1. dass Stellen für männer-dominierte Berufen mehr maskuline Wörter als für frauen-dominierte Berufe enthalten (durchsetzungsstark, dominant und selbstbewusst) 
     

  2. je höher der Männeranteil in einem Beruf war, desto größer war der Anteil maskuliner Wörter
     

  3. Frauen bewerten Stellenanzeigen weniger attraktiv, wenn viele maskuline Wörter verwendet wurden. Sie fühlen sich nicht angesprochen. Folge: Sie bewerben sich nicht!
     

  4. Männer sind unbeeindruckt von geschlechtsspezifischer Sprache und bewerben sich immer.

Da wundern wir uns, warum der Frauenanteil in z. B. MINT-Berufen so gering ist? Warum sich so wenige Frauen auf Stellen besonders für Führungspositionen bewerben?

 

Dabei haben wir noch nicht einmal weitere Einflussfaktoren berücksichtigt wie Image von Teilzeitstellen, Betreuungsproblematik, Verteilung der Care-Arbeit, Gender Pay Gap, Ehegattensplitting u. v. m.

Dennoch, die Zeichen stehen auf Veränderung. Wir leben in einer vielfältigen und pluralistischen Gesellschaft. An den Tatbestand, dass die Dinge immer schwankender, ungewisser, komplexer und mehrdeutiger (VUKA) werden, müssen wir uns wohl oder übel gewöhnen. Hä - VUKA? Für wen das neu und unbekannt ist, hier geht es zu meinem Artikel.

 

In einer vielfältigen und diversen Gesellschaft profitieren alle Beteiligten voneinander - vorausgesetzt sie lassen sich auf Unbekanntes ein und haben den Willen, Neues zu lernen anstatt Fremdes zu verachten. Wo ein Wille, da ein Weg! 

Studien von BCG (Mix that matters) und McKinsey (Diversity wins – how inclusion matters) belegen, dass Unternehmen mit hoher Gender-Diversität zu 25 Prozent wahrscheinlich profitabler arbeiten als der Durchschnitt. Unter Hinzunahme der ethnischen Diversität (Vorstand), steigt der Wert sogar auf 36 Prozent. Stichwort: Gemischte, diverse Teams! 

Da wir gerade bei Studien sind: ​Hier sind die 10 wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie der ForscherInnen Spitzer, Tschürz & Burel (100 Worte & Ling. Unternehmenskommunikation)

 

  1. strukturelle Ungleichheiten in der Sprache von Stellenanzeigen verfestigen die Unterschiede zwischen Männern und Frauen
     

  2. Frauen fühlen sich mehr von Stellenanzeigen mit femininer Sprache angezogen
     

  3. diese Anzeigen sind mehrheitlich für schlecht bezahlte Berufe (eine Erklärung für gender pay gap)
     

  4. Formulierungen in Stellenanzeigen geschehen meist unbewusst, basierend auf typischen Geschlechterrollen, die lange vermittelt/erlernt wurden (unconscious bias)
     

  5. geschlechtsspezifische Formulierungen in Stellenausschreibungen sind anteilsmäßig gering (0,5-1,5%), aber kleinste Unterschiede beeinflussen die Bewertung der Attraktivität einer Stelle
     

  6. oft werden die sprachlichen Merkmale nicht bewusst erkannt, so dass Frauen bspw. ihr Desinteresse bei bestimmten Stellenanzeigen irrtümlich auf andere Gründe zurückführen (zu hohe Anforderungen, ihre vermeintlich mangelnden Fähigkeiten)
     

  7. dies führt wiederum dazu, dass sie Berufe oder Positionen ausschließen, die grundsätzlich passend wären!
     

  8. bestimmte Wörter sind männlich assoziiert (analytisch, entscheidungsfreudig, durchsetzungsstark), andere weiblich eingeordnet (umsichtig, zuverlässig, bescheiden)
     

  9. entscheidet sich ein Unternehmen für gendergerechte Sprache, müssen alle Texte, online wie offline, intern und extern, angepasst werden. 
     

  10. Employer Branding: Ein für alle Bewerber*innen attraktives Unternehmen beginnt mit einer gerechten Unternehmenssprache!

 

Sie brauchen mehr Frauen in Ihren Reihen? Diverse Talente? 

Sie entscheiden: weitermachen wie bisher oder lieber mit Neuem wachsen, Ihr Geschäft nach vorne bringen, zufriedene Leute haben...

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GENDERN: 

Eine Frage der Haltung.

Ich hatte das Glück, teilweise im Ausland zu studieren - dank ERASMUS - sowie erste Praxiserfahrungen zu sammeln.

 

Als Kind einer Grenzregion (Niederrhein) haben mich die Niederlande mit ihrer offenen Kultur, der lässigen Sprache und ihrer unbändigen Feierlust von jeher begeistert. Es war völlig normal, in Nijmegen viele Menschen unterschiedlicher Herkunft zu sehen. Wir fühlten uns beim Lieblingschinesen wie auf einer Fernreise im Zeitraffer: Indonesien, Vietnam, Indien...

 

Verschiedene Sprachen verstehen und sprechen zu können, mit anderen in Kontakt zu kommen und sich zu unterhalten, voneinander zu lernen - all das empfand ich schon immer als reizvoll und bereichernd. Neugier auf Menschen und ihre unterschiedlichen Lebenswege.

Mit einer fairen Sprache tun wir uns selber nicht weh. Was hindert uns daran, z. B. Bürger:innen mit dem Verschlusslaut (also Bürger PAUSE innen) zu sprechen? Es ist reine Gewohnheit. Veränderung halt. Wenn altbekannte Nachrichtensprecher das schon machen... So wenden einige Moderator:innen und Medien bereits die geschlechtsumfassende Sprache an! 

Und egal welches Kennzeichen wir für gerechte Sprache verwenden, ob Sternchen, Binnen-I, Doppelpunkt, Unterstrich, Mittelpunkt (von Armin Wolff in seinem lesenswerten Essay Krieg der Sternchen erläutert), die Hauptsache ist doch die Botschaft, die wir aussenden.

 

Oder anstatt man als generisches Maskulinum, einfach mal frau zu schreiben oder beides im Text abzuwechseln, also gleichberechtigt zu verwenden! Wollen wir inklusiv kommunizieren, geht es also noch ein Stück weiter auf der Fairness-Skala, dann verzichten wir ganz auf man/frau und ersetzen wahlweise mit wir oder alle!

Das ist nur ein Beispiel für alternative Formulierungen. Eine offizielle Empfehlung durch das Leibniz-Institut für deutsche Sprache (IDS) ist bislang ausgeblieben. Vielleicht ist das der Grund, warum viele EntscheiderInnen in KMUs zögern und lieber bei ihrem bisherigen Sprachgebrauch bleiben.

 

 

Aber: Welchen einleuchtenden Grund kann es geben, NICHT zu gendern?

Oder es zumindest nicht zu versuchen?

Mit inklusiver und fairer Sprache zeigen wir Wertschätzung für andere. Für alle. Sie ist ein Türöffner für einen respektvollen Umgang. Für mehr Miteinander. Vielleicht auch für mehr Menschlichkeit. In diesen Zeiten können wir die besonders gut gebrauchen.

Neues zu lernen, den eigenen Horizont zu erweitern, nie beim alten Wissen zu verharren - vielleicht sind das die Sprungbretter, die uns helfen, die Angst vor Fremdem, vor Unbekanntem zu überwinden. 

Abschließend ein Zitat meiner verstorbenen Großmutter (94): "Man wird so alt wie eine Kuh, und lernt doch immer noch dazu." 

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